Lokale Agenda 2030

Die Agenda 2030

Die UN-Gemeinschaft hat 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung mit 169 Unterzielen im Jahr 2012 bei der Rio20+-Konferenz beschlossen, deren Umsetzung bis 2030 erfolgen soll. Diese geben damit einen globalen Orientierungspfad und behandeln folgende Themen: Armut, Gerechtigkeit, Ernährung, Frieden, Gesundheit, Bildung, Geschlechtergerechtigkeit, menschenwürdige Arbeit, nachhaltige Industrialisierung, erneuerbare Energien, hygienische Wasserversorgung, Klimawandel, Erhalt natürlicher Ressourcen und Schutz des Lebens am Land und unter Wasser, sowie  Partnerschaften auf allen Ebenen. Diese Ziele sind miteinander verbunden. Ihre Umsetzung hat wie schon die Lokale Agenda 21, als Folgeprogramm der Rio92-Nachhaltigkeitskonferenz, auch eine lokale bzw. regionale Bedeutung.

Visionen und Ideen

Die auf dieser Website skizzierten Visionen und Ideen basieren sowohl auf wissenschaftlichen Erkenntnissen wie auch auf ethischen Grundsätzen und politischen Vereinbarungen, die zwar meist auf der globalen Ebene klare Ziele verfolgen, auf denen sich aber lokale Handlungsstrategien ableiten lassen.

Die wesentlichsten Orientierungspunkte sind wie folgt:

  • Die Agenda 2030 der Vereinten Nationen in Form der Ziele für Nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals), welche auf die lokale Ebene übersetzt werden muss.
  • ‘Das Gute Leben für Alle’ (auch: Buen VivirVivir BienSumak Kawsay) als südamerikanisches Vorbild, das Menschen mit der Natur in Einklang bringt.
  • Dem Klimawandel gilt es neben nationalen und internationalen Bestrebungen auch mit lokalen Lösungsansätzen zu begegnen, um mit dem verbleibende Kohlenstoff-Budget das Auslangen zu finden.
  • Klimagerechtigkeit als Orientierungspunkt für globale Gerechtigkeit.
  • Die Hintergründe von ”Peak Oil, Peak Soil, Peak Everything“.

Das Gute Leben für Alle

‘Das Gute Leben’ (spanBuen Vivir, Vivir Bien) beschreibt eine ursprünglich indigene Lebensweise bzw. Philosophie aus Südamerika, die in anderen Teilen der Welt ähnlich sind, z.B. Ubuntu (”Ich bin, weil wir sind”) aus Afrika. Das Sumak Kawsay, wie das Gute Leben auch genannt wird, ist dabei kein einheitliches Konzept und die Unterschiede werden vor allem zwischen den Industrieländern des globalen Nordens und den Ländern des globalen Südens am ehesten sichtbar. Es geht dabei darum, dass Menschen untereinander und mit der Natur im Einklang leben und nicht Raubbau an ihr betreiben. In Ecuador sind die Rechte der Natur bzw. das Buen Vivir sogar in der Verfassung verankert – in Europa bemüht sich die Bewegung End Ecocide um die Rechte der Natur. ‘Das Gute Leben’ wird in Europa häufig mit dem Degrowth in Verbindung gebracht oder mit Konvivialität assoziiert. Entsprechend ist beispielsweise das Auto oder der Wochenendurlaub mit dem Flugzeug zwar für manche Personen ein wichtiger Bestandteil des eigenen guten Lebens, steht aber im Widerspruch zur Philosophie.

Klimawandel und die Grenzen des Planeten

Die menschengemachte Erderwärmung, also der Klimawandel, ist keine abstrakte Gefahr, sondern eine konkrete Bedrohung. Der Metabolismus, sprich Stoffwechsel, des Planeten Erde mit komplexen Zusammenhängen und Wechselwirkungen bezieht natürlich Einflüsse wie menschliche Aspekte mit ein. Ein Anstieg der durchschnittlichen Welttemperatur auf über 2°C (derzeit bei ca. 1°C; in Österreich bereits ca. 2°C) gilt als Gefahr, weil ab dann nicht mehr mit Sicherheit gesagt werden kann, wie sich das Weltklima weiterentwickeln wird.
Es gibt aber auch noch andere planetäre Grenzwerte (planetary boundaries), die ebenso eine Gefahr darstellen. Diese stehen untereinander in Beziehung und die Überschreitung der jeweiligen Grenzwerte hat in der Regel mit der Übernutzung dieses Bereichs durch den Menschen zu tun, zum Beispiel neben dem aus der Bahn geworfenen Kohlenstoffkreislauf sind das der Stickstoffkreislauf, Phosphorkreislauf, der Verlust der Biodiversität durch Artensterben, Ozeanversauerung, Verschmutzung mit Chemikalien und Verschmutzung der Erdatmosphäre, Landnutzungsveränderungen und Süßwasserverbrauch. Nicht alle diese Aspekte gelten derzeit als über der Grenze, aber es lassen sich extrem grenzwertige Entwicklungen beobachten.

Umwelt- und Klimagerechtigkeit

Die Länder des globalen Nordens, also die sogenannten Industrieländer, haben seit Beginn des 19. Jahrhunderts zu einem Großteil der Treibhausgasemissionen wie beispielsweise durch CO2 und Methan, die für die Erderwärmung verantwortlich sind, beigetragen. Schwellenländer wie China, Indien, Brasilien und Südafrika ziehen bei den Emissionen nach. Sonstige Länder des globalen Südens, meist als Entwicklungsländer eingestuft, haben nur einen geringen Teil zu diesen Emissionen beigetragen und fordern von den großen Verschmutzern eine höhere Verpflichtung, zum Beispiel durch striktere Reduktionspläne, um bei der Vermeidung und Anpassung des Klimawandels zielführendbeizutragen. Das heißt, es wird auch der historische Ausstoß von Treibhausgasen miteingerechnet, wenn es um eine faire Verteilung der Reduktion dieser geht.

Gleichzeitig wird das sogenannte Offsetting kritisiert. Einerseits werden sowohl Materialverbrauch und Emissionen bilanztechnisch durch die Auslagerung von Produktionsstätten in Ländern des globalen Südens,weil weniger bis keine Unweltauflagen und Sozialstandards, beschönigt, obwohl deren Produkte im globalen Norden konsumiert werden; andererseits ist der CO2-Zertifikatshandel und das Biodversity-Offsetting (z.B. für einen Flug woanders kohlenstoffbindende Maßnahmen treffen, wie Baumpflanzungen oder der Schutz von natürlichen Gütern) eine Kommerzialisierung von Natur, bei der vor allem indigene Bevölkerungsgruppen oft von ihren Gebieten verdrängt werden. Zudem stellen diese Maßnahmen nicht den Emissionsausstoß an sich in Frage.
Ein weiterer Aspekt ist, dass Länder des globalen Südens neben ihrer ökonomischen Ausbeutung mit anderen Problemen kämpfen und ihr aus einem Gerechtigkeitsaspekt heraus ein gewisser Ausstoß von Treibhausgasen zur ”Entwicklung” zu gesprochen wird. Diese unfairen Last-Verantwortungsverteilungen thematisiert Klima- bzw. Umweltgerechtigkeit.

Peak Oil, Peak Soil, Peak Everything

Diese sogenannten Peaks beschreiben den Zenit, also den Punkt / Moment der höchsten Ausbeutung bzw. Nutzung von etwas, z.B. Peak Oil, das Erdölfördermaximum bezogen auf ein Stichjahr. Das heißt die Produktionszuwächse gehen ab diesem Zeitpunkt zurück. Während die Natürlichkeit oder das zeitnahe Auftreten von solchen Peaks praktisch infrage gestellt wird, z.B. beim Erdöl durch die Erschließung von unkonventionellen Quellen (Teersände, Schiefergas, Meere, Arktis), gibt es auf der anderen Seite den Gedanken, solche Peaks künstlich einzuführen, z.B. die Erdölförderung zugunsten anderer Energieträger zurückzufahren, v.a. weil Erdöl durch Verbrennung wieder direkt zur globalen Erwärmung beiträgt.

Solche Peaks findet man auch an anderer Stelle. Der Auspruch ”Peak Oil, Peak Soil, Peak Everything” bezieht sich darauf, dass auf der einen Seite potentiell alle Stoffwechselbeziehungen des Planeten, einen Peak unterliegen können. So ist die Förderung diverser Rohstoffe z.B. Stickstoff und Phosphor für Kunstdünger in der Landwirtschaft noch auf einige Jahrzehnte begrenzt möglich, neben den bereits erwähnten Störung derer Stoffkreisläufen. Ebenso sind die Gewinnung von seltenen Erden und Metallen ein großes Problem, weil bei steigender Nachfrage zunehmend neue Abbaugebiete in sensiblen Gegenden erschlossen werden müssen. Die negativen Umweltauswirkungen und sozialen Auswirkungen dieses Extraktivismus sind gravierend.

Auf der anderen Seite kann man die Hubbert-Kurve auch anders lesen, nämlich, dass ein gewisser Wert nicht unterschritten wird. Beim arktischen Eis der Polkappen ist dies mittlerweile ein großes Problem mit vielseitigen Folgen, weil beispielsweise weniger Albedo da ist, der Licht in das Weltall zurückreflektiert oder die gefährlich zurückgehende Humusschicht bzw. die Zustände des Bodens allgemein durch Verwüstung, Degradierung, und Vergiftung.

Fazit: Lokale Agenda 2030

Es könnten noch viele weitere Probleme aufgezählt werden, zum Beispiel die Entwicklung des Wirtschaftssystems oder auch der zunehmende Rückgang demokratischer Strukturen. Dieses Auftreten von sich abhängigen Herausforderung wird multiple Krise genannt. Deren Lösung setzt neue soziale, technische und organisatorische Innovationen voraus, also eine sozial-ökologische Transformation zur Überwindung der imperialen Lebens- und Produktionsweise.

Jeder von uns kann im Alltag-, im Forschungs- und Bildungswesen, im Berufsleben, in den diversen öffentlichen und privaten Institutionen und auf der politischen Ebene viel bewirken, einzeln oder als Gruppe, Kollektive, Initiative, Verein, NGO oder Wirtschaftsbetrieb. Es braucht aber neue Visionen und neue Bilder, wie wir angesichts der globalen und lokalen Herausforderungen, die sich beide gegenseitig beeinflussen, auf unseren Planeten in Zukunft leben möchten und werden.

Einen Beitrag dazu leistet diese Seite, in dem sie eine neue Vision für Graz herauszuarbeit:

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